
Seit Jahren ist die Pflege am Boden, die größten Dienstleister sind die pflegenden Angehörigen. Immer mehr Pflegeheime schließen, die Kosten explodieren und niemand will Verantwortung übernehmen. Es ist kein Geld da, heißt es in den Medien. Doch das stimmt nicht, jährlich werden 12 Milliarden an Pflegeleistungen gar nicht abgerufen, im Jahr 2024 waren es sogar 46 Milliarden Euro. Wo ist das Geld?
Wenn man die derzeitige Situation in der Pflege beobachtet, kann einem nur noch Angst und Bange werden. Es funktioniert nichts mehr, kein Personal, kein Geld, überarbeitetes Pflegepersonal und ständig steigende Preise. Ein Einzug in ein noch vorhandenes Pflegeheim kann sich keiner mehr leisten. Doch auch dort ist die Situation erschreckend.
Bewohner sediert und einsam, spärliche Mahlzeiten und gefährliche Pflege. In Pflegediensten sieht es nicht anders aus. Von fehlenden Medikamenten und Verbandsmaterial ganz zu schweigen. Das Pflegepersonal ist komplett überlastet und erschöpft. Dazu kommen Ausfallzeiten wegen Krankheit und vorallem wegen Burnout und Depressionen. Die Pflege ist nicht mehr zu stemmen.
Es wird von Fachkräftemangel gesprochen, aber die noch vorhandenen Fachkräfte werden verheizt oder man stellt unqualifiziertes Personal ein, was zu gefährlicher Pflege mit verheerenden Schäden führt. Ein Ende ist nicht abzusehen, es ist so gewollt.
Ein Beispiel aus der Praxis, in der eigenen Familie. Mama braucht plötzlich Pflege, kann nicht mehr laufen, die Bewegung ist eingeschränkt, nichts geht mehr. Ein Pflegedienst muss kommen, selbst die Hauswirtschaft muss übernommen werden, Wunden müssen versorgt werden. Mama wird mit Pflegegrad 1 eingestuft, was nichts bringt, ausser mögliche Unterstützung zur Entlastung im Haushalt. Aber auch das funktioniert nicht, der Pflegedienst hat keine Kapazitäten. Eine Verordnung vom Krankenhaus für Pflege und Verband wurde ausgestellt, aber es funktioniert nichts. Das Pflegepersonal vom Pflegedienst ist nett, aber kommt unpünktlich oder gar nicht. Die verantwortlichen Chefs hüllen sich Schweigen, man muss es hinnehmen, es ist kein Personal da. Die Kosten für Verbandsmaterial sind hoch und unqualifizierte Mitarbeiter verramschen das kostbare Gut. Oft muss ich die Verbände selbst übernehmen, weil keiner kommt.
Was heiß das für Angehörige? Einspringen, egal wann, egal wie. Telefonieren, beschweren, koordinieren, alles übernehmen. Doch, wie soll das funktionieren, wenn man selbst täglich arbeiten muss, Familie hat und den täglichen Schikanen des Systems ausgesetzt ist? Es geht nicht, es leiden alle, der Pflegebedürftige selbst, die Familie, das Leben. So geht es mir, nach der Arbeit zusätzlich zu Mama, den Haushalt übernehmen, ums Essen kümmern, einkaufen, besorgen und am Ende keine Zeit mehr für die eigene Familie und Freizeit. Der Rest der Familie, ausser mein Mann, der unermüdlich hilft, dreht sich weg mit den Worten:“ dann muss sie halt in eine Einrichtung „. Nein, dass lassen wir nicht zu und wenn, kann es eh keiner bezahlen. Doch wie geht weiter? Termine beim Arzt oder Facharzt liegen in weiter Ferne, auch da kein Personal. Die Aussichten auf Besserung sind nicht da. Ein Wahnsinn, der uns kaputt macht.
In meiner Tätigkeit als Fachpflegekraft und Palliativschwester sehe ich täglich das Leid und das Elend, was sich in Familien und Einrichtungen abspielt und das seit Jahren.
Nicht nur die ruinierende Regierung dreht sich weg, sondern auch die Menschen, die es noch nicht betrifft, pflegebedürftig zu sein, oder Angehörige zu pflegen. Es ist eine Last, die niemand tragen will und eine beschämende Situation, wie man mit alten, kranken und sterbenden Menschen umgeht.
Es ist traurig, dass in einer Gesellschaft das Thema Pflege und Alter kein Gehör findet. Doch wenn es zur Pflegebedürftigkeit kommt, dann ist die Last und die Not groß und keiner will es gewusst haben. Aber das Thema betrifft uns alle, schauen wir nicht weg!
Herzlichst, jedoch müde und erschöpft, vom täglichen Pflegewahnsinn,
Schwester Anja