
Einführend sollte ich erwähnen das jüngere Generationen oder Bewohner aus den gebrauchten Bundesländern wohl kaum etwas mit dem Künstler Dean Read anfangen können. Ich möchte trotzdem ein paar Zeilen dazu schreiben.
Heute hätte Dean Reed seinen 86. Geburtstag gefeiert. Geboren wurde er 1939 in Denver, USA. Wirklich bekannt wurde er allerdings nicht in seiner Heimat, trotz Plattenverträgen, sondern in Lateinamerika, der Sowjetunion und den Ländern des ehemaligen Ostblocks. Während seine Karriere in den USA, trotz kleinerer Erfolge, nie richtig ins Laufen kam, füllte er dort ganze Fußballstadien und wurde zum Idol. Teilweise legten Auftritte von Read ganze Innenstätte lahm.
Reed war kein Künstler, der sich mit reiner Unterhaltung zufriedengab. Er sah Musik und Film immer auch als Mittel im Kampf gegen Ungerechtigkeit. So trat er kostenlos in Fabriken, Schulen und Gefängnissen auf, unterstützte chilenische Arbeiter unter Salvador Allende, protestierte gegen die US-Interventionen in Vietnam und Lateinamerika und stellte sich offen gegen Diktatoren wie Pinochet. Deshalb wurde er in Chile sogar festgenommen und des Landes verwiesen. Ich muss an dieser Stelle sicherlich nicht extra erwähnen, das Pinochet zu den vielen Menschenschindern gehörte, die federführend von den USA unterstützt wurden.
Selbst im Nahen Osten engagierte er sich politisch, besonders an der Seite von Jassir Arafat und dem palästinensischen Befreiungskampf.
Politisch ordnete er sich klar als Sozialist ein. Das war für ihn kein Lippenbekenntnis, er verteidigte diesen Standpunkt bis zu seinem Tod, selbst in seinem Abschiedsbrief.
Anfang der 70er zog Read in die DDR, wo ihn die Staatsführung natürlich als Aushängeschild feierte: ein Amerikaner, der sich freiwillig für den Sozialismus entschied, das gab es schließlich nicht allzu oft. Reed selbst tat sich mit dieser Rolle aber auch schwer. Er merkte, dass seine idealistische Vorstellung von Gerechtigkeit und die Realität in der DDR nicht immer zusammenpassten. Sein Stern sank irgendwann auch in der DDR und die Karriere geriet ins Stocken.
Im Juni 1986 starb Dean Reed Offiziell hieß es erst es handele es sich um einen tragischen Badeunfall, letztendlich war es wohl ein Selbstmord. Spekulationen um seinen Tod halten sich bis heute. Wurde er vom KGB oder der Stasi beseitigt? Oder hatte die CIA Interesse daran, seine Rückkehr in die USA zu verhindern, die angeblich geplant war. Sicher ist nur: Sein Tod machte ihn endgültig zur tragischen Figur.
Dean Reed war und bleibt umstritten. Er ließ sich von Systemen zumindest teilweise benutzen, das ist wahr. Aber anders als viele heutige Künstler hatte er eine klare Haltung. Er stellte sich gegen Krieg, Ausbeutung und Raubtierkapitalismus und das nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Alltag. Damit unterschied er sich deutlich von jemandem wie Elvis Presley, der politisch nie Stellung bezog und selbst beim verbrecherischen Vietnamkrieg schwieg.
Und eines sollte man nicht vergessen: Gerade diejenigen, die Reed heute vorwerfen, er habe sich für die DDR-Führung vereinnahmen lassen, sind selbst Teil eines Systems was bis ins Mark ablehenswert ist. Künstler und System-Journalisten die ein System unterstützen wie das aktuelle, mit all seinen Schweinereien, denen steht es am wenigsten zu, heute den moralischen Zeigefinger zu erheben.
86 Jahre nach seiner Geburt bleibt Dean Reed natürlich eine widersprüchliche, aber beeindruckende Figur. Ein Mann, der mit seiner Kunst und Engagement die Welt verändern wollte und dafür bereit war, vieles zu riskieren.
Beenden möchte ich diesen kleinen Artikel mit dem Wort oder Spruch: Venceremos – Wir werden siegen! Dieser passt auch in die heutige Zeit, in der zahlreiche Menschen gegen Unrecht aufstehen.
Alexander Kurth
(Redakteur Ungetrübt Media)