Ein Jahr ohne Edith…

Ein kleiner Nachruf auf Edith mit der wir verschiedene Interviews führten.

Ein Jahr ohne Edith

Vor einem Jahr nahmen wir von Edith Abschied.

„Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern; tot ist nur, wer vergessen wird.“

Dieses Zitat von Immanuel Kant – dem Lieblingsphilosophen von Wladimir Putin – beschreibt treffend, was wir empfinden, wenn wir an Edith denken. Sie mag nicht mehr unter uns sein, aber vergessen ist sie nicht. Heute, genau ein Jahr nach ihrer Beerdigung, ist sie in Gedanken mal wieder ganz nah.

Ich erinnere mich an eine kleine, lebhafte Frau, die trotz ihres Alters und der vielen Jahrzehnte, die hinter ihr lagen, wacher und kritischer war als so mancher junge Mensch. Edith hatte eine beeindruckende Lebensenergie. Sie war klug, frech, eigensinnig und dabei herzlich. Man konnte mit ihr lachen und diskutieren

Kennengelernt habe ich sie inmitten des Corona-Wahnsinns, über Schwester Anja. In einer Zeit, in der viele Menschen durch Medien manipuliert, ängstlich oder angepasst waren, blieb Edith standhaft. Keine Handschuhe, keine Maske, kein Ducken. Sie war klar in dem, was sie dachte und sie hatte den Mut, es auch zu sagen. Sie las täglich Zeitung, markierte Artikel und brachte ihre eigene Sicht auf die Dinge mit Schärfe und Verstand zum Ausdruck. Trotz ihres hohen Alters war sie aufmerksamer und kritischer als viele, die sich „aufgeklärt“ nennen.

Edith hat vier politische Systeme erlebt und in jedem von ihnen den Mut behalten, selbst zu denken. Als ich sie damals interviewte, war mir sofort klar: Diese Frau hat mehr erlebt, als in so manche Biografie passt. In den über fünfzig Minuten erzählte sie von Krieg, Neubeginn, Verlust, Anpassung und Trotz. Ich habe viele bekannte Menschen vor der Kamera gehabt: Minister, Abgeordnete, politische Aktivisten, aber keine Begegnung war so echt, so menschlich und so eindrucksvoll wie die mit Edith.

Etwa einen Monat vor ihrem Tod hielt ich noch einmal ihre Hand im Krankenhaus . Da war dieses stille Einverständnis zwischen uns, dass die gemeinsame Zeit sich dem Ende zuneigt. Trotzdem scherzten sie wie immer. Sie wollte nach dem Krankenhausaufenthalt noch einmal Pilze sammeln gehen, ihr kleiner Traum. Diesen Ausflug konnten wir nicht mehr in die Tat umsetzen. Aber wenn ich heute im Wald bin, sehe ich sie vor mir: mit dem Pikzkorb am Arm und diesem schelmischen Blick, als wolle sie sagen: „Na, du findest eh nicht so viele wie ich.“ Genau das hätte Edith gesagt.

Ihre letzte Ruhestätte hat Edith unter einer alten Linde gefunden. Ein Ort voller Frieden und Geschichte. Die Linde steht für Treue, Liebe und Gerechtigkeit. Werte, die in der heutigen Zeit fast völlig abhanden gekommen sind.

Ein Jahr ist vergangen und wie denken noch oft an sie. In Gesprächen, in alten Notizen, in kleinen Gedankenblitzen oder wenn ich in Bücher schaue, die ich nach ihrem Tod vor der Vernichtung bewahrte. Manche Menschen gehen, aber sie hinterlassen eine Spur, die nicht vergeht. Edith war so ein Mensch. Und solange wir uns an sie erinnern, bleibt sie lebendig, eigenwillig und wunderbar echt.

Alexander Kurth

Hier seht ihr nochmal das Interview:

▶️https://youtu.be/zS6EXXNPIAA?si=3CfuN-WrD1pyGrnn

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