
Meinungsfreiheit auf dem Prüfstand. Strafverfahren gegen Jürgen Todenhöfer sorgt für Empörung
Berlin. – Der bekannte Publizist und frühere Bundestagsabgeordnete Jürgen Todenhöfer sieht sich mit einem Strafverfahren konfrontiert. Ermittler durchsuchten seine Wohnung, beschlagnahmten Computer und Unterlagen, wegen Äußerungen, in denen er die Politik Israels und der Bundesregierung kritisierte.
Was nach einem gewöhnlichen Ermittlungsfall klingt, hat längst politische Sprengkraft. Denn der Vorwurf lautet nicht auf Verleumdung oder Hetze, sondern auf „Volksverhetzung“ – ein sogenannter Straftatbestand, der zunehmend auch gegen politisch missliebige Stimmen eingesetzt zu werden scheint.
Todenhöfer hatte Israels Premier Benjamin Netanjahu wegen der Angriffe auf Gaza scharf verurteilt und Ex-Kanzler Olaf Scholz (inzwischen abgelöst durch Friedrich Merz) für seine Haltung zu den Nord-Stream-Anschlägen kritisiert. Für viele Beobachter ist das klassische politische Meinungsäußerung – doch offenbar reicht das heute schon, um ins Visier der Justiz zu geraten.
Kritik an Israels Regierung oder am Kurs der Bundesregierung ist in Deutschland zu einem Minenfeld geworden. Wer sich für Diplomatie statt Waffenlieferungen ausspricht oder auf Verhandlungen mit Russland drängt, riskiert gesellschaftliche Ächtung, Jobverlust oder – wie im Fall Todenhöfer – Ermittlungen.
Juristen weisen zwar darauf hin, dass das Verfahren noch offen ist und keine Schuld festgestellt wurde. Doch die Signalwirkung ist deutlich: Wer laut denkt, kann schnell zum Verdächtigen werden.
Auch in anderen Städten – etwa in Leverkusen – berichten Menschen, die sich für Frieden im Nahen Osten oder gegen Aufrüstung engagieren, von öffentlichem Druck, innerbetrieblichen Konsequenzen oder ausgegrenzten Initiativen.
Deutschland, das Land des Grundgesetzes, muss sich fragen lassen, ob Meinungsfreiheit noch mehr ist als ein Lippenbekenntnis. Kritische Stimmen sind für eine Demokratie kein Risiko, sondern ihre Lebensversicherung. Wenn aus Kritik jedoch Verdacht wird, dann verliert eine offene Gesellschaft genau das, was sie schützen will: Vertrauen.
Jürgen Todenhöfer steht mit seinem Fall stellvertretend für viele, die den Mut behalten, unbequeme Dinge auszusprechen. Wer für Frieden und Diplomatie eintritt, sollte dafür nicht kriminalisiert, sondern gehört werden.
Denn: Frieden entsteht nicht durch Schweigen – sondern durch den Mut, Fragen zu stellen.
Mustafa Kaya