
Am 20. Oktober 2011 fiel Muammar al-Gaddafi in Sirte, beziehungsweise wurde er totgeschlagen, von NATO-Söldnern. Mit ihm starb nicht nur ein Staatschef, sondern ein Symbol eines unabhängigen Libyens. Sein Tod bedeutete das Ende einer Ära, in der das Land über Jahrzehnte selbstbestimmt seinen Weg ging!
Getragen von der Idee, dass die Reichtümer des Bodens den Menschen gehören, die darauf leben. Eine Idee, welche den imperialistischen Menschenfeinden mehr als nur ein Dorn im Auge war!
Was damals unter dem Vorwand einer „humanitären Intervention“ begann, verwandelte sich in einen Eingriff, der Libyen seiner Stabilität, seiner Einheit, Souveränität und seiner Würde beraubte. Es erging Libyen so, wie vielen anderen Staaten auch. Als Beispiel möchte ich nur den Irak erwähnen.
Libyen war ein Land, das für sich selbst sorgen konnte und nicht nur für sich selbst!
Libyen war vor 2011 kein gescheiterter Staat. Es verfügte über das höchste Pro-Kopf-Einkommen Afrikas, Schul- und Universitätsbildung waren kostenlos, medizinische Versorgung ebenso. Wohnungen wurden bereitgestellt, Strom, Wasser und Treibstoff waren nahezu kostenfrei. Familien erhielten Unterstützung zum Beispiel für den Hausbau. Studenten konnten mit staatlicher Förderung im Ausland studieren. Gaddafi sah darin den Beweis, dass ein afrikanisches Land Wohlstand und soziale Gerechtigkeit ohne ausländische Abhängigkeit erreichen kann.
Gadaffi ließ das „Great Man-Made River Project“ errichten – ein gigantisches Bewässerungssystem, das Trink- und Nutzwasser aus der Sahara in die Städte brachte. Für viele war das Symbol und Beweis zugleich: Der Reichtum des Landes kam dem Volk zugute und wurde nicht durch wie Kolonialherren agierende Imperialisten aus dem Land geschafft.
Noch wenige Jahre vor dem Krieg war Gaddafi in vielen europäischen Hauptstädten ein gern gesehener Gast. Man schloss Energie- und Investitionsverträge, handelte mit Öl und Gas, sprach über Migration, Sicherheit und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Solange Libyen als Partner für kapitalistische Interessen galt, war die einstige Ächtung vergessen.
Doch als sich die geopolitischen Interessen verschoben, wandelte sich der Ton quasi über Nacht. Dieselben Staaten, die zuvor auf Zusammenarbeit setzten, unterstützten plötzlich seinen Sturz. Dieser abrupte Wechsel bleibt ein Lehrstück über die Doppelmoral westlicher Außenpolitik! Die Politik der sogenannten westlichen Wertegemeinschaft war und ist das Unglück freier Völker. Da für diese Politik eigene Interessen wichtiger sind, als die Stabilität ganzer Regionen.
Die NATO-Intervention von 2011 griff tief in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates ein. Unter dem Vorwand, Zivilisten zu schützen, wurden staatliche Strukturen zerschlagen und das Machtvakuum bewusst in Kauf genommen. In Wahrheit war es kein Schutz, sondern ein Eingriff, der das Fundament des Landes zerstörte. Libyen hatte natürlich interne Konflikte – wie sie viele Staaten kennen, doch anstatt auf Diplomatie oder Vermittlung zu setzen, entschied man sich für Bomben. Man entschied sich für bezahlte Söldner, oftmals Kriminelle, welche für die Nordatlantische Terror Allianz (NATO) die Drecksarbeit erledigten.
Nicht nur viele Libyer und afrikanische Beobachter sehen darin eine Wende zum Schlechteren: Ausländische Mächte, die vorgaben, Frieden zu bringen, rissen den gesellschaftlichen Zusammenhalt auseinander. Aus einer politischen Krise wurde ein endloser Bürgerkrieg mit zehntausenden Toten.
Seit 2011 ist Libyen ein warnendes Beispiel dafür, wohin Fremdbestimmung führt. Milizen kontrollieren ganze Regionen, rivalisierende Regierungen kämpfen um Macht, und der Lebensstandard ist dramatisch gefallen. Stromausfälle, Inflation und Unsicherheit bestimmen den Alltag. Schulen, Krankenhäuser und Infrastruktur verfallen. Aus einem Land, das anderen afrikanischen Staaten einst half, wurde selbst ein Schauplatz von Elend und Flucht.
In Libyen sehen wir das sichtbare Resultat eines im Namen des Wertewestens durchgeführten Feldzuges, der im Namen ihrer Demokratie eine ganze Gesellschaft zerbrochen hat. Man fragt zu Recht, welches Recht eine Koalition entfernter Staaten hatte, über das Schicksal eines souveränen Volkes zu entscheiden.
Gaddafi war Revolutionsführer, Modernisierer und Staatschef, dessen Auftritte natürlich polarisierten.
Aber sein zentrales Prinzip lautete: Afrika soll auf eigenen Beinen stehen. Diese Idee machte ihn wie bereits erwähnt unbequem. Sein Versuch, eine goldgedeckte afrikanische Währung und eine unabhängige Entwicklungsbank zu schaffen, stieß bei jenen auf Widerstand, die den Kontinent weiterhin als Rohstoffquelle sahen und noch immer sehen. Zum Glück befreien sich aktuell immer mehr Staaten aus dem imperialistischen Joch, aus Neo-Kolonialismus und Fremdbestimmung.
Mit dem Sturz von Gaddafi verschwand über Jahre hinweg das Projekt einer selbstbewussten, vereinten afrikanischen Stimme. Zurück blieben Abhängigkeit, Fremdeinfluss und ein Kontinent, dessen stärkster Befürworter von Eigenständigkeit ausgeschaltet wurde.
Heute, viele Jahre nach seinem Tod, ist Libyen noch immer gespalten. Doch die Erinnerung an das, was war, bleibt: ein Staat, der seinen Bürgern soziale Sicherheit bot, und eine Führung, die versuchte, aus nationalem Reichtum kollektiven Nutzen zu ziehen. Der 20. Oktober steht damit nicht nur für den Mord an Gaddafi, sondern für den Beginn einer neuen Ära globaler Einmischung, deren Folgen weit über Libyen hinausreichten.
Libyen zeigt, wohin es führt, wenn westlich imperialistische Interessen über die Selbstbestimmung von Völkern gestellt werden! Jene die immer davon fabulieren, sie bringen Freiheit und Demokratie, brachten bisher nichts als Unheil, Zerstörung und Destabilisierung!
Etwa einen Monat vor seiner Ermordung betrat Muammar al-Gaddafi noch einmal die Bühne der Weltpolitik, bei der UN-Vollversammlung in New York. Mit bekannter Entschlossenheit, provokant und selbstbewusst, hielt er eine Rede, die die Schand-Politik der westlichen Unwertegesellschaft erneut entlarvte. Er prangerte die Doppelmoral der internationalen Politik an, verteidigte die Souveränität Afrikas und forderte die Freiheit aller Völker.
Buhrufe, Tumult und Beifall erfüllten den Saal, Gaddafi zeigte sich unerschütterlich: ein Staatsmann, der bis zum letzten Moment seine Vision von Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Würde vertrat. Für viele war es ein triumphaler, letzter Auftritt, ein Moment der unbeugsamen Entschlossenheit, der noch einmal verdeutlichte, dass sein Kampf um die Freiheit Libyens und Afrikas niemals aufgegeben wurde und aufgegeben werden darf!
Alexander Kurth