
Eine Analyse der zurückliegenden Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Ungetrübt Media sprach mit der ehemaligen Landesvorsitzenden der AfD Doris von Sayn-Wittgenstein.
Sehr geehrte Frau Sayn-Wittgenstein, die Landtagswahl in Schleswig-Holstein liegt hinter uns, die AfD hat den Widereinzug in den Landtag verpasst, anscheinend konnte sie ihre Wählerschaft nicht mehr erreichen, wie bewerten sie diesen Umstand?
Doris von Sayn-Wittgenstein:
Ich selber war in den 80er Jahren ja noch Mitglied in der Stoltenberg-CDU und weiß deswegen, daß es in Schleswig-Holstein an einer konsistenten, konservativen Partei fehlt. Es war immer mein Ziel, diese Wählerschaft, die ich ja kenne und die mir vertraut ist, für die AfD zu erschließen.
Es war ein nicht gut zu machender Fehler, daß der Bundesvorstand gegen den ausgesprochenen Willen der Basis in einen funktionierenden Landesverband eingegriffen hat. Herr Dr. Gauland und Herr Dr. Meuthen sind hier in besonderer Weise hervorgetreten.
Wie machte sich die Einflussnahme des Bundesvorstandes bemerkbar?
Doris von Sayn-Wittgenstein:
Die Unanständigkeit, mit der ich, aber auch meine Unterstützer, aus der Partei heraus behandelt worden sind, hat zusätzlich viele potentielle Wähler abgeschreckt und auch zu massiven Austritten geführt.
Die Willkür des Bundesvorstandes führte zu einer starken Destabilisierung des Landesverbandes. Mein Parteiausschluß hatte ein Vakuum zur Folge, in das im Herbst 2020 aus welchen Gründen auch immer eine Gruppe um Herrn Höcke stieß. Es fanden heimliche Treffen statt, bei denen sogar der neu zu wählende Landesvorstand beraten wurde. Das gefiel einer großen Gruppe im Landesverband nicht, so daß es zu einer Spaltung des bisher geschlossenen, konservativen Lagers kam.
Deshalb ging ja der Landesparteitag im Juni 2021, bei dem ein neuer Landesvorstand gewählt werden sollte, auch vollständig daneben. Die Mitglieder fühlten sich bevormundet und hinters Licht geführt.
Ähnliches geschah Anfang des Jahres bei der Aufstellung der Kandidatenliste für den Landtag. Hier kam es zu einem klaren Wortbruch der eben beschriebenen Gruppe, deren Mitglieder die Verliererliste trotz anderslautender Zusagen mitwählten. Die hintergangenen Parteimitglieder haben daraufhin gesagt: „Wir sind nicht Eure nützlichen Idioten. Wenn Ihr diese Personen im Landtag sehen wollt, müßt Ihr sehen, wie Ihr das schafft.“ Es hat demzufolge auch kaum Wahlunterstützung von der Basis gegeben.
Wie geht es nach diesem Ergebnis mit der AfD in Schleswig-Holstein weiter?
Doris von Sayn-Wittgenstein:
Das Ergebnis zeigt: Parteipolitik funktioniert in Schleswig-Holstein nicht von oben nach unten.
4,4 % für die AfD sind ernüchternd. Sie können aber auch einen Neuanfang bringen.
Es stehen ja fähige Parteimitglieder zur Verfügung.